- Regie:
- Pieter Verhoeff, nach dem Roman von Tonke Dragt
- Land und Erscheinungsjahr:
- Deutschland/Niederlande 2008
- Altersfreigabe der FSK:
- ab 6 Jahren
- Altersempfehlung:
- sehenswert ab 10 Jahren
- Länge:
- 107 Minuten
- Kinostart:
- 13. November 2008
Vier Jahre ging der 16-jährige Schildknappe Tiuri bei seinem Vater in die Lehre, nun trennt ihn nur noch eine einzige Nacht vom Ritterschlag. Er muss diese Nacht schweigend in einer Kapelle verbringen, deren Türen er nicht öffnen darf. Als er von draußen jedoch verzweifelte Hilferufe hört, ignoriert er das Gebot und eilt einem Sterbenden zu Hilfe. Dieser bittet ihn eindringlich, einen wichtigen Brief an seinen Herrn, den Ritter Edwinem, zu übergeben, von dem das Schicksal des Königreiches Unauwen abhänge. Mit dem Brief macht sich Tiuri auf den Weg, obwohl er seine Prüfung als Ritter damit nicht bestanden hat. Im Wald findet Tiuri Ritter Edwinem tödlich verwundet vor. Dieser trägt ihm auf, den Brief, der unter keinen Umständen in falsche Hände gelangen darf, persönlich dem König zu übergeben, und schenkt ihm einen Ring als Erkennungszeichen und sein Pferd Ardanwen.
Fortan wird Tiuri von den Roten Reitern von Eviellen gejagt, die Ritter Edwinem töteten. Mit der Hilfe zweier Mönche erreicht Tiuri dennoch wohlbehalten eine Burg, auf der er von den Grauen Rittern gefasst wird, die in ihm den Mörder von Edwinem sehen. Lavinia, die Tochter des Burgherrn, glaubt jedoch an seine Unschuld und verhilft ihm zur Flucht. Gleichwohl wird Tiuri von den Grauen Rittern entdeckt, die ihm erst Schutz gewähren, nachdem er sie von seiner Unschuld überzeugen konnte. Von ihnen erfährt Tiuri auch, dass das Königreich durch einen Vater-Sohn-Konflikt über die Thronfolge bedroht ist. Bevor Tiuri seinen Brief an den König übergeben kann, muss er allein ein hohes schneebedecktes Gebirge überqueren. Unterwegs schließt sich ihm ein freundlicher Reisender an, der sich später als ein Roter Ritter entpuppt, der Tiuri töten will. Doch in Piak, dem Gehilfen des weisen Einsiedlers Menaures, findet Tiuri alsbald einen treuen Wegbegleiter und Freund, mit dem er gemeinsam noch viele weitere Gefahren meistert, bis Tiuri seinen Auftrag erfüllen kann. Er rettet das Königreich und wird dank seines Mutes, seiner Tapferkeit und seiner Barmherzigkeit am Ende doch noch zum Ritter geschlagen.
Die aufwändige Verfilmung des Fantasy-Bestsellers der in Indonesien aufgewachsenen holländischen Autorin Tonke Dragt aus dem Jahr 1962, der 2004 in den Niederlanden mit dem Goldenen Griffel als bestes Jugendbuch der letzten 50 Jahre ausgezeichnet wurde, entstand in holländisch-deutscher Koproduktion. Zu sehen sind unter anderen die bekannten deutschen Schauspieler Uwe Ochsenknecht, Rüdiger Vogler, Lars Rudolph sowie Hanna Schwamborn als Lavinia. In ihrem Aufbau folgen Roman und deutlicher noch der Film ähnlich wie beispielsweise „Der Herr der Ringe“ einer erfolgreichen klassischen Erzählstruktur, die sich als Initiationsreise eines jungen Helden in die Welt der Erwachsenen beschreiben lässt. Der junge Held muss auf dieser nicht ganz freiwillig angetretenen Reise eine Reihe von Prüfungen bestehen und unter Einsatz seines Lebens Gefahrensituationen überwinden. Er erhält weise Ratschläge von älteren Menschen und bekommt einen treuen Weggefährten zur Seite gestellt, kehrt nach der Erfüllung seines edlen Zwecken dienenden Auftrags als gereifter Mann nach Hause zurück und wird dort reichlich belohnt. Der Brief dient als roter Faden, der die Handlung vorantreibt und Tiuri mehrfach vor die schwere Entscheidung stellt, ihn zu vernichten, damit er nicht den Feinden in die Hände fällt.
Es war keine leichte Aufgabe, eine Fantasywelt aus dem Mittelalter und einen bis ins Detail gut ausgestatteten historischen Ritterfilm zu schaffen, der zudem nicht im Studio, sondern in natürlichen Kulissen an gänzlich unterschiedlichen Schauplätzen von der mittelalterlichen Stadt bis ins Hochgebirge spielt. Regisseur Pieter Verhoeff meisterte sie in 47 Drehtagen mit Bravour. Jedem Land und jedem Ort wurde eine eigene Farbpalette zugewiesen, auf der Burg dominieren die Farben blau und grau, die Stadt Dangria wirkt hell und von Licht durchflutet, Dagonaut herbstlich, die Behausung des Einsiedlers Menaures winterlich weiß. In seiner Entwicklung durchläuft Tiuri auf diese Weise auch symbolisch alle vier Jahreszeiten. Zahlreiche Actionszenen sorgen für Spannung, der Spannungsbogen wird durch wiederholten Wechsel zwischen ruhigen und actionreichen Szenen gehalten.
Gerade weil der Film sich stark an bekannte Erzählstrukturen und Fantasy-Elemente hält, hat man als Erwachsener schnell das Gefühl, vieles schon einmal gesehen zu haben, was für die jugendliche Zielgruppe aber kein Argument gegen den Film sein kann. Schließlich macht jede neue Generation hier ihre eigenen Erfahrungen und als spannender und zugleich optisch ansprechender Ritterfilm funktioniert diese Literaturverfilmung ohne jeden Zweifel. Drei typische und gegenwartsbezogene Themenbereiche sind besonders gut herausgearbeitet. Die Coming-of-Age-Geschichte im ritterlichen Ambiente handelt davon, wie Tiuri seine Naivität und Gutgläubigkeit überwindet, Menschenkenntnis erwirbt und lernt, die richtigen Entscheidungen zu treffen und das Gute vom Bösen unterscheiden zu können.
Zugleich ist es ein Film über den Wert und den Bestand von Freundschaft, insbesondere zwischen Tiuri und Piak, die sich gegenseitig helfen und stützen und dabei von den speziellen Fähigkeiten des jeweils anderen profitieren. Piak gibt sogar seine bisherige Existenz auf, um Tiuri zu folgen. Schließlich arbeitet der Film einen typischen Vater-Sohn-Konflikt heraus, der mit der Ablösung vom Elternhaus verknüpft ist. Tiuri würde lieber noch vier Jahre warten, bis er zum Ritter geschlagen wird, aber seinem Vater zuliebe opfert er einen Teil seiner Jugend, um ihn nicht zu enttäuschen und seinen Erwartungen zu entsprechen. Zugleich verstößt er gegen den Wunsch des Vaters, indem er dem fremden Ritter Hilfe leistet, was Tiuri in heftige Gewissenskonflikte stürzt und sich in Albträumen niederschlägt, aber am Ende eine positive Auflösung erfährt.
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